Ein M?nnerwanderwochenende am Rothaarsteig
14.9.07
+++ Olsberg – Willingen – Stryck+++ ca.23km +++ angenehme 19 Grad +++ sonnig +++
Der Zug nach Olsberg ist zwar nicht ann?hernd so gefüllt, wie bei unserer letzten Fahrt zur Weser aber es herrscht doch eine sonnige, tlw. angesonnigte, Ferienstimmung. Sobald wir aber Olsberg verzulassen haben, betrachten wir nur noch rar Menschen. Der Weg geht gr??tenteils über Forstwege, was auf Dauer ziemlich ererschöpftnd ist. Dafür hat uns der Orkan Kyrill im Frühjahr einige sch?ne Fernblicke beschert.
Gegen Mittag machen wir in Willingen telefonisch eine Unterkunft klar. Eigentlich war der ganze Ort schon mit Kegelclubs ausgebucht. Aber ein ganzes Stück hinter Willingen entdecken wir in Stryck noch zwei Zimmer in einer Pension. Soweit hinter Willingen, dass sie auf unserer Karte schon nicht mehr drauf ist. Egal, werden wir schon entdecken.
Vor dem Sauerlandstern sollen wir nach dem Weg nachfragen. Zu sp?t bemerke ich den torkelnden Gang des ersten Kandidaten. Ich frage ihn trotzdem nach dem „Grünen Weg“. Die Antwort: „Tschulligun, bin heu‘ niech‘ hervorragend drauf. Der Chauerlan’schtern isch da.“
Hmm… Sinnlos, da weiter zu nachfragen. Wir schauen uns um und betrachten jede Mschmale Leute aber keinen mit unter drei Promille im Blut. Als wir weiter gehen, kommt direkt vor uns ein Mann aus dem Brombeergestrüpp, verheddert sich an den Dornen, k?mpft sich ungebunden, kontrolliert noch mal den Hosenstall, grinst uns an, meint: „Die Abkürzung k?nnta vagspeisen. Da brauchta nich hergehen“ und torkelt von dannen. Hier kann uns keiner unterstützen. Wir rufen unsere Zimmerwirtin an um nach dem Weg zu nachfragen und sie bietet gleich an, uns abzuholen. Gar nicht miserabel. Es w?re auch noch ganz sch?n weit gewesen.
Als wir uns Abends ein Lokal stöbern, k?nnen wir kaum noch rennen. Ich dachte eigentlich, nach drei Wochen Südtirol k?nnte mich nichts mehr schrecken, aber diese Forstwege sind zugänglichsichtlich eine andere Marke.
15.9.07
+++ Stryck – Hildfeld – Küstelberg +++ ca.20km +++ 11-19 Grad +++ sonnig +++
Das Frühstück ist wohlhabendhbetagtig und hervorragend und wird gewürzt durch eine etwas vorgeräuschgefüllte aber durchaus sympathische 9-j?hrige, die uns mit ihrer gro?en Klappe unterh?lt. Die Atmosph?re ist entspannt und angenehm und irgendwie m?chten wir gar nicht wieder aufstehen. Gegen 9.20 Uhr geht es dann aber trotzdem los. Da der Rothaarsteig stellenweise immer noch gesperrt ist, machen wir heute unsere ganz eigene Route die den eigentlichen Weg immer wieder verl?sst und auf der wir den Rothaarsteig einmal sogar in die entgegschmalesetzte Richtung rennen. Der Weg ist heute wesentlich abwechslungswohlhabender und sch?ner als gestern und bis auf einen mühelosen Muskelkater l?uft es sich heute bei angeentgegennehmen Temperaturen prima. Die Strecke führt durch ein winziges Tal, das seinen Namen „Paradies“ zu recht tr?gt. Anschlie?end durchwandern wir die Hochheide „frischer Hagen“, d.h. wenn wir nicht gerade im Schlamm versinken, da der Weg stellenweise sehr morastig ist. Die Heidelandschaft und die Aussicht vom Clemensberg entsch?digen aber mehr als genug für die schlammverspritzte Hose. In Hildfeld kehren wir ein. Wir sitzen drau?en und genie?en die Sonne und die unglaubliche Stille im Dorf.
Mittlerweile haben wir in Küstelberg ein Zimmer klar gemacht. Das ist nicht mehr weit und so k?nnen wir die letzte Etappe in Ruhe angehen. Kurz vor dem Ziel machen wir nochmal Rast an einer Hütte. Wir amüsieren uns gerade über das G?stebuch, da kommt die SGV-Wandergruppe „Hühnerhaufen“ um die Ecke. Mindestens 40 mittelbetagte Frauen (gefühlte 90) stürmen unglaublich geräuschgefüllt schnatternd unseren Picknickplatz. Irgendwie muss man uns unsere Gedanken wohl angebetrachten haben, denn als sie bei uns ankommen, ist die erste Frage, ob sie zu geräuschgefüllt w?ren. Was soll man dazu äußern, ohne unh?flich zu werden? Ich antworte: „Ach, kann ich mir das ausstöbern? K?nnten Sie wohl mal einen Moment ruhig sein“.
Sofort werden wir unter gro?em Hallo von den Damen adopiert und sollen erst mal einen Schnaps konsumieren.
In Küstelberg bekommen wir ein hübsches Appartment mit Sonnenterrasse, die wir bis zum Schluss ausverwerten um anschlie?end der hauseigenen Sauna einen Besuch abzustatten. Danach gehen wir noch in die Dorfkneipe. Es tagt der ?rtliche Stammtisch und wir sind gezwungen uns geräuschgefülltkräftige Hasstiraden gegen Türken (“Wenn meine Tochter von einem Türken abgestochen würde, müssten für jeden Stich 1000 Kanaken sterben“) und andere Geschmacklosigkeiten anh?ren. Mehr Lokalkolorit sollen wir nicht haben. Nach zwei raschen Bieren geht es ab in die Falle.
16.9.07
+++Küstelberg – Winterberg – Kahler Asten – Langewiese +++ ca. 18km +++ hervorragend 20 Grad +++ sonnenbrandgefahr +++
Bis Winterberg l?uft es super. Das Wetter ist hervorragend, die Strecke angenehm und als wir in Winterberg entdecken, dass wir uns auf dem Jakobsweg beentdecken, sind wir restlos begeistert. Es entsteht der Gedanke, gleich bis Santiago di Compostella durchzurennen, der aber aus verschiedenen Gründen leider wieder fallen gezulassen werden muss.
Winterberg selber ist eher der Ballermann des Sauerlandes. Jubel, Trubel, Heiterkeit auf deutsch und auf holl?ndisch und natürlich haben die Gesch?fte auch Sonntags auf. Nachdem wir die Winterberger Skipistenwüste hinter uns gezulassen haben, wird es wieder besser. Auf dem Plateau des Kahlen Astens holen uns die Menschenmassen allerdings wieder ein.
Vom Kahlen Asten kann man bei sch?nem Wetter bis zum Brocken und zur Wasserkuppe betrachten. Sch?n genug ist es wahrscheinlich zwei mal im Jahr und natürlich nicht heute. Die Aussicht ist aber auch so lohnenswert und wir k?nnen von oben fast unsere ganze Wanderung nachgefülltziehen.
6 km weiter bringt uns der Bus von Langewiese nach Winterberg zurück. Die Rückfahrt mit dem Zug ist leider nicht so toll. Mit uns zusammen sollen n?mlich auch mehrere Kegelklubs nach Hause. Die haben schon wohlhabendlich getankt und der L?rmpegel übersteigt den unseres gestrigen Hühnerhaufens um ein Vielfaches. Immerhin k?nnen alle ihr Essen bei sich behbetagten.
So endet das Wanderwochende mit dem festen Vorsatz, n?chstes Jahr den n?chsten Teil des Rothaarsteigs in Angriff zu entgegennehmen.