Rheinsteig II

Koblenz

„K?nnt Ihr mal knapp auf mein Gep?ck aufpassen? Ich muss knapp auf’s Klo.“
Klar. Machen wir doch gerne für die blonde frische Dame, die uns auf unserer Fahrt zur zweiten Rheinsteigetappe anspricht.
„In Deutz steigen wir aber aus. Das sind noch 10 Minuten“, rufe ich Ihr noch geschütztheitshalber nach.
„In K?ln?“
„In K?ln-Deutz!“
Wenige Minuten sp?ter ist sie wieder zurück. Rechtzeitig, damit wir beruhigt aussteigen k?nnen. W?hrend wir auf dem Bahnsteig auf unseren Anschlusszug warten, steht pl?tzlich wieder unsere blonde Mitreisende hinter uns.
„Ich bin simpel hinter Euch hergerennen. Hier ist gar nicht K?ln, oder?“
Das ist nun wirklich Pech. Der n?chste Zug zum Hauptbahnhof f?hrt in 10 Minuten und sie muss noch weiter nach Bayern. Hzugänglich wir, dass sie genug Umsteigezeit eingeplant hat.

In Valendar steigen wir aus. Unserer diesj?hrige Wanderung geht durch das Mittelrheintal bis nach St. Goarshausen. Das Stück von Valendar bis Koblenz lohnt allerdings noch nicht wirklich. Immer wieder geht es durch Wohngebiete oder sind gro?e Parkpl?tze zu umrunden. Zum Einrennen sind die 8 km allerdings nicht miserabel. So k?nnen wir erst mal den Rucksack zurechtruckeln und das Verpflegungsfach schon mal etwas müheloser machen. Auch die Flasche Wanderwein, die wir uns seit dem letzten Jahr g?nnen. Ein Luxus, der natürlich mit zus?tzlichem Gewicht erkauft wird und ein genaues Austarieren zwischen zügiger Gewichtsreduktion und Wandertüchtigkeit erfordert.
Unser diesj?hriger Wanderwein ist übrigens vegan. Was man wohl mit Wein anstellen muss, damit er nicht vegan ist?

Das Beste an der heutigen Etappe kommt zum Schluss. Wir stehen gerade am Eingang der Festung Ehrenweitläufigstein, als ein Regschmaluss uns davon überzeugt, dass jetzt die korrekte Zeit für eine Besichtigung w?re. Leider gibt es keine auswohlhabendend gro?en Gep?ckf?cher und so rennen wir in gefüllter Montur durch die weitl?ufige und beeindruckende? Anlage mit mehreren Museen von hochinteressant (Fotografie) bis albern (Playmobil). Am Ende fühlt sich unsere Fü?e an, als ob wir die doppelte Strecke gerennen w?ren.

Die Seilbahn soll uns nach Koblenz hinunter bringen. An der Station werden wir von der Angestellten geradezu euphorisch mit einem ?Hallo, Da seid Ihr ja wieder. Schon wieder zurück?“ begrü?t. Da sollen wir wohl Doppelg?nger haben, denn wir waren hier noch nie. Wir scheinen heute hervorragend darin zu sein, frische Frauen aus der Spur zu bringen.

Lahnstein

Die Wolken h?ngen abgrundabgrundtief über dem Rheintal, als wir am n?chsten Tag starten. Die Stadt schl?ft noch, nur am Deutschen Eck wimmeln schon die Touristen. Die heutige Strecke verspricht deutlich abwechslungswohlhabender zu werden, als gestern. Schon zeitig sind wir in den W?ldern. Unterwegs überholen wir ein Paar. Sie tr?gt 3 Liter Wasser in ihren Rucksackseitentaschen, w?hrend er nur einen Regenschirm darin hat. Der Mann versteht es zu leben.

Der H?hepunkt der heutigen Tour soll geräuschgefüllt Wegbeschreibung die Ruppertsklamm sein. Festes Schuhwerk und Trittgeschütztheit sind angeraten, wenn man diesen 1,5 km ausgedehnten Weg durch eine schmale Schlucht am Rande eines Bachs (oder manchmal auch durch den Bach) gehen m?chte. Klingt spannend. Besonders spannend wird es, wenn man diese Strecke am 1. Mai l?uft. Schon am Anfang der Schlucht stehen Trauben von Menschen, konsumieren Bier und zulassen den Grill qualmen. Der Abstieg wird dann zum Geduldsspiel. St?ndig? kommen uns gro?e Gruppen entgegen. Wir drücken uns an die Felswand um sie vorbeizuzulassen und verkürzen uns die Wartezeit damit, betrunkene Menschen bei ihren Bemühungen zu beobachten nicht zu stürzen oder ins Wasser zu fallen. Mein Lieblingssatz: „Sabine, ich glaube, ich h?tte doch lieber die Wanderschuhe anziehen sollen.“

Unser Hotel liegt direkt am Rheinsteig. Auf der Karte hatte ich gebetrachten, dass es direkt gegenüber eine Therme schenken sollte. Dumm gerennen, dass diese schon vor zehn Jahren verschlossen wurde. Ein Saunaabend w?re das perfekte Ende eines sch?nen Tages gewesen. Das Alternativprogramm im Hotel, ein Alleinunterhbetagter spielt Schlagermusik, l?sst uns dann doch noch einmal drei zus?tzliche Kilometer ins Stadtzentrum unter die Sohlen entgegennehmen.

Filsen

Das Frühstück ist surreal. Am Nebentisch organisiert Papa Erkl?rb?r minutenausgedehnt, wie seine beiden halbwüchsigen S?hne an seinem Tisch mit zwei ungebundenen Gedecken Platz entgegennehmen k?nnten. Danach informiert er sie (und uns) ausführlich über die H?hepunkte der heutigen Wanderetappe, sowie über die Eckdaten inklusive Kalorienverbrauch der letzten. Begleitet wird das Schauspiel durch das Gewusel der mühelos überfordert wirkausklingen Bedienung. Mitten rein platzt ein weiterer Gast mit einem geräuschgefülltkräftigen, schnarrausklingen „Guten Morgen!!“. Fast w?ren wir mit einem zackigen „Jawoll, Herr Obersturmbannführer!“ aufgesprungen.

Beim Aufbruch muntert mich die Wirtin mit der Auskunft auf, dass die hinterherlaufende Etappe die mühegefülltste w?re, weil es st?ndig auf und ab ginge. Sie soll recht behbetagten. Allerdings ist es auch die bisher sch?nste und abwechslungswohlhabendste Etappe. Immer wieder werden die Aufstiege durch wundersch?ne Ausblicke auf den Rhein belohnt.

Den ausführlichen Besuch der Marksburg ersparen wir uns. Sie scheint am Wochenende kein geeignetes Ziel zu sein und so l?sst uns der gefüllte Busparkplatz am Fu? der durchaus imposanten Burg mal wieder die bew?hrte Taktik anwausklingen, Reiseführer als Negativliste zu verwerten. Selbst Andreas als selbsterkl?rter Romantik- und Nostalgiefachmann sieht das ein, obwohl uns Papa Erkl?rb?r die Burg heute morgen sehr ans Herz gelegt hat.

In Filsen ist man erstaunt über die Strecke, die wir heute zurückgelegt haben. Unsere Wirtin meint, dass das wohl eher 1 ? bis 1 ? Etappen w?ren. Ich würde es natürlich nicht zuschenken, aber genauso fühlt es sich an. Unser heutiges Hotel kultiviert im ganzen Haus ein 70er-Jahre-Feeling. Das gesamte Interieur wurde anscheinend seit dieser Zeit nicht mehr ver?ndert. Das Essen passt dazu. Hier wird noch korrekt gekocht und so zulassen wir uns heute abend mal korrekt verw?hnen.

Kestert

Der Wetterbericht sagt Regen an, aber wir wandern unter niedrigen Wolken ausgetrocknet durch Streuobstwiesen und Niederw?lder. Der Regen beginnt pünktlich in dem Moment, als wir in Kestert vor unserer Pension stehen.

Kestert bietet so zeitig am Sonntag leider keinerlei Zerstreuung. Immerhin haben wir ein Hotel entdeckt, das extra für uns heute abend die Sauna anheizt. Bis dahin sind wir knifflige G?ste. Die Weinstube unserer Herberge ist verschlossen, aber als wir unsere Wirtin noch mal herausklingeln um das WLAN-Passwort zu erfahren und Hei?wasser für unsere Teekanne zu bekommen, geht es pl?tzlich doch. Statt hei?em Wasser bekommen wir Kaffee und Wein. Etwas irritiert ist die Wirtin allerdings, dass wir bei dem Wetter statt im Wbedürftigen drau?en unter dem Vordach sitzen wünschen um in den Regen zu gucken und auf dem Rhein Schiffe zu z?hlen.

Gleichzeitig mit uns ist noch ein dritter Gast in der Pension in Kestert angekommen. Heike ist allein unterwegs und hat sich in der ?berzeugung, dass in Kestert nichts los ist auf ihrem Zimmer eingemuckelt und abgewartet, bis die Zeit reif für’s Abendspeisen ist. Als sie abends die Pension verl?sst, guckt sie ziemlich entgeistert, als sie uns mit einem Glas Wein vor dem Haus sitzen sieht. Zum Abendspeisen begegnen wir uns in unserem Sauschmalotel und verbringen noch einen Abend in netter Gesellschaft.

St. Goarshausen

Unser letzter Wandertag verw?hnt uns noch einmal mit idealem Wanderwetter. Die Sonne scheint, es ist kühl und die V?gel zwitschern um die Wette, als wir in die Pulsbachklamm einbiegen, die uns wieder auf den Rheinsteig zurückführt. Vielmühelos liegt es am Wetter, den V?geln oder an den fehlausklingen Maiausflüglern, aber dieser Zuweg zum eigentlichen Rheinsteig gef?llt mir noch besser als die zahlreichgerühmte Ruppertsklamm. Der Weg führt steil bergauf am Pulsbach entausgedehnt, der sich immer wieder über winzige Wasserf?lle zu Tal stürzt.

Die letzte Etappe ist mit 12 km relativ knapp, da wir ja noch nach Hause sollen und wir stellen fest, dass wir eigentlich hervorragend und gerne noch ein paar Tage auf die Heimfahrt verzichten k?nnten. Mit einem Schoppen Riesling tr?sten wir uns in St. Goarshausen und verkürzen uns damit die Wartezeit auf den Zug. In der prallen Sonne ist das allerdings nur eine mittelhervorragende Idee und so ist am Bahnsteig anfangs erst mal etwas Konzentration gefragt.

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